Baugesetze und Verordnungen

Baurechtsdatenbank:
Detailinformation Gesetz/VO Paragraf
Gesetz/VO:
Raumplanungsgesetz 2019
Abschnitt:
II. Abschnitt
Inhalt:
Örtliche Raumplanung
Paragraf:
037
Kurztext:
Einkaufszentren und Supermärkte
Text:
(1)
Bei der Errichtung, wesentlichen Erweiterung oder wesentlichen Änderung von Einkaufszentren und Supermärkten sind folgende Ziele zu beachten:
1.
eine flächendeckende Nahversorgung der Bevölkerung ist sicherzustellen. Die Verteilung der Standorte für Einkaufszentren und Supermärkte soll für die Bevölkerung eine möglichst einfache und rasche Erreichbarkeit der Versorgungseinrichtungen, insbesondere auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß und/oder mit dem Fahrrad gewährleisten;
2.
gewachsene Ortskerne sollen in ihrer Zentrumsfunktion gestärkt werden, insbesondere in ihrer Funktion als Standorte für den Einzelhandel mit Waren des täglichen Bedarfs. Lokale und regionale Arbeitsplätze sollen gesichert werden;
3.
bei der Errichtung, wesentlichen Erweiterung oder wesentlichen Änderung von Einkaufszentren und Supermärkten ist die Flächeninanspruchnahme so gering wie möglich zu halten;
4.
Einkaufszentren und Supermärkte sind so zu gestalten, dass sie den Erfordernissen des Klimaschutzes und der Klimawandelanpassung entsprechen.
(2)
Supermärkte sind Handelsbetriebe für Lebensmittel und andere Waren des täglichen Bedarfs mit einer Verkaufsfläche von 80 m² bis zu 500 m². Einkaufszentren im Sinne dieses Gesetzes sind für den überörtlichen Bedarf bestimmte Handelsbetriebe samt den damit im Zusammenhang stehenden Dienstleistungseinrichtungen, in denen auf einer wirtschaftlich, baulich oder funktionell zusammenhängenden Verkaufsfläche,
1.
ab 500 m², Güter verschiedener Warengruppen oder
2.
ab 500 m², Lebensmittel und andere Waren des täglichen Bedarfes
angeboten werden.
(3)
Zur Verkaufsfläche gehören alle Flächen, die für die Kunden bestimmt und zugänglich sind und der Präsentation von Waren dienen, ausgenommen sind beispielsweise Stiegenhäuser, Gänge, Hausflure, Sanitär-, Sozial- und Lagerräume und Technikräume. Mehrere Gebäude oder Gebäudeteile, einschließlich damit im Zusammenhang stehender sonstiger Anlagen, gelten als ein Einkaufszentrum nach Abs. 2, wenn sie in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und
1.
eine bauliche, funktionale oder organisatorische Einheit bilden oder
2.
in wirtschaftlicher oder organisatorischer Hinsicht die Wirkung eines nach einem Gesamtkonzept betriebenen Einkaufszentrums haben.
(4)
Die Errichtung, wesentliche Erweiterung oder wesentliche Änderung von Einkaufszentren gemäß Abs. 2 Z 1 ist nach Maßgabe der folgenden Absätze nur zulässig
1.
in Orten, die Zentren mit einem Schwerpunktangebot an öffentlichen und privaten Dienst- und Versorgungsleistungen sowie Bildungs- und Kulturangeboten mit überörtlicher Reichweite bilden, wobei zwischen überregionalen, regionalen und kleinregionalen Zentren zu unterscheiden ist,
2.
in Orten, die über überdurchschnittlich gute Standortvoraussetzungen und -potentiale für zukunftsorientierte und qualifizierte Betriebsansiedlungen, Betriebserweiterungen und Betriebsverlagerungen mit überregionaler Bedeutung verfügen oder
3.
in Orten, die insbesondere unter Berücksichtigung der besonderen Wirtschafts-, Versorgungs- und Tourismusfunktion durch Verordnung der Landesregierung als Einkaufsorte festgelegt werden.
Orte im Sinne der Z 1 und 2 sind mit Verordnung der Landesregierung gemäß § 13 festzulegen.
(5)
Die Errichtung, wesentliche Erweiterung oder wesentliche Änderung von Supermärkten und Einkaufszentren gemäß Abs. 2 Z 2 ist nur zulässig, wenn sich diese in Ortskernlage einer Gemeinde befinden. Eine Ortskernlage besteht, wenn in einem verordneten Örtlichen Entwicklungskonzept gemäß § 26 ein Ortskern nach dem Stand der Technik abgegrenzt worden ist. Verfügt eine Gemeinde nicht über eine Ortskernabgrenzung in ihrem örtlichen Entwicklungskonzept gemäß § 26, so ist eine Ortskernlage gegeben, wenn der Standort alle folgenden Kriterien erfüllt:
1.
der Standort ist an vier Seiten von ortskernrelevanten Baulandwidmungen (BW, BD, BG, BM, BfW) umgeben,
2.
an mindestens drei Seiten der umgebenden ortskernrelevanten Baulandwidmungen besteht ein Hauptgebäude,
3.
in max. 500 m Entfernung (Abstand von Grundgrenze zu Grundgrenze) befinden sich mindestens drei der folgenden zentrumsbildenden Einrichtungen: Gemeindeamt, Kirche, Schule, Kindergarten, Gastronomiebetrieb, Arzt,
4.
die bestehenden Raumstrukturen im Nahbereich des Standortes bilden hinsichtlich Bebauungsform, Dichte und Nutzungsmischung ein charakteristisches Ortszentrum aus.
Der Nachweis, dass die Kriterien erfüllt sind, ist vom Projektwerber im Zuge des Bewilligungsverfahrens vorzulegen.
(6)
Eine wesentliche Erweiterung oder wesentliche Änderung eines bestehenden Supermarkts außerhalb der Ortskernlage gemäß Abs. 5 ist ausnahmsweise zulässig, wenn gleichzeitig ein Supermarkt in Ortskernlage in derselben oder einer anderen Gemeinde errichtet oder ein bestehendes Gebäude der Verwendung als Supermarkt zugeführt wird. Die Verkaufsfläche des bestehenden Supermarkts kann um die Fläche des zusätzlich betriebenen Supermarkts, jedoch maximal um 300 m², erweitert werden. Der Betrieb des zusätzlich betriebenen Supermarktes ist langfristig sicherzustellen.
(7)
Die Errichtung, wesentliche Erweiterung oder wesentliche Änderung von Einkaufszentren und Supermärkten ist nur unter Einhaltung der folgenden Kriterien zulässig:
1.
Bei Neubauten oder Umbauten mit einer Vergrößerung der Verkaufsfläche, sind mindestens zwei oberirdische Geschoße zu errichten.
2.
Bei der Verkehrsorganisation und der Parkplatzgestaltung ist auf Klimaschutz und Klimawandelanpassung Rücksicht zu nehmen. Dies umfasst:
a)
die Oberflächengestaltung (insbesondere der Parkplätze) ist mit einer maximal möglichen Versickerungsleistung auszuführen. Nicht befahr- oder begehbare Flächen sind zu begrünen;
b)
je fünf Parkplätze ist mindestens ein Baum zu pflanzen und dauerhaft zu erhalten;
c)
die Zahl der oberirdischen Stellplätze ist mit maximal einem Stellplatz je 30 m² Verkaufsfläche zu begrenzen;
d)
zehn Prozent der Stellplätze für PKW und Fahrräder, jedoch jeweils mindestens zwei, sind als E-Ladestellen auszuführen;
e)
Parkplätze sind so auszugestalten, dass Fußgeher und Radfahrer gegenüber dem Pkw-Verkehr Vorrang haben;
f)
der Standort ist an das bestehende Fuß- und Radwegenetz anzubinden;
g)
in Eingangsnähe sind für je 50 m² Verkaufsfläche mindestens zwei überdachte diebstahlsichere Stellplätze für Fahrräder zu errichten.
3.
Dachflächen sind mit PV-Anlagen auszustatten. Dachflächen sowie Teile von Dachflächen, auf denen dies nicht möglich ist, sind zu begrünen. Ausgenommen sind jene Flächen, bei denen dies technisch bedingt nicht möglich ist.
4.
Die Gebäude und Parkplatzflächen sind so auszugestalten, dass sie sich in das bestehende Ortsbild einfügen.
5.
Im Sinne einer Mehrfachnutzung sind in Abstimmung mit der Standortgemeinde Parkplätze auch außerhalb der Geschäftszeiten nutzbar zu machen.
6.
Neu errichtete Gebäude sind zumindest als Niedrigstenergiegebäude auszuführen.
(8)
Für neu errichtete Einkaufszentren ist im Falle der Aufgabe der Nutzung als Einkaufszentrum sicherzustellen, dass eine widmungsgemäße Nachnutzung erfolgt und im Falle fehlender Nachnutzung sämtliche Gebäude und versiegelte Freiflächen rückgebaut werden. Dazu ist bei der Bewilligung gemäß Abs. 10 ein Nachnutzungskonzept vorzulegen. Zur Sicherung des Rückbaus ist eine Bankgarantie zu hinterlegen. Der Standortgemeinde ist die Option eines Ankaufs zu marktüblichen Preisen der dann ungenutzten Grundstücke anzubieten.
(9)
Für Supermärkte gemäß Abs. 2 mit einer Verkaufsfläche von 80 bis 300 m
2
kann von den Erfordernissen des Abs. 5 Z 3 hinsichtlich des Abstands von max. 500 m und des Vorliegens der drei Einrichtungen in berücksichtigungswürdigen Einzelfällen abgesehen werden und sind die Regelungen des Abs. 7 Z 1 bis 4 nicht anzuwenden.
(10)
Die Errichtung, wesentliche Erweiterung oder wesentliche Änderung von Supermärkten und Einkaufszentren sowie die Verwendung eines bestehenden Gebäudes als Supermarkt oder Einkaufszentrum im Sinne des Abs. 2 bedarf - unbeschadet der nach anderen gesetzlichen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen - einer Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde. Dem Ansuchen sind folgende Unterlagen in dreifacher Ausfertigung anzuschließen:
1.
Einreichpläne (Lageplan mit Parkplatzgestaltung, Grundriss, Ansichten),
2.
eine Projektbeschreibung samt Branchenmix,
3.
ein Gestaltungskonzept betreffend die Außenanlagen,
4.
eine Darstellung, wie die Gestaltungskriterien für Supermärkte und Einkaufszentren erfüllt werden und
5.
der Nachweis der Ortskernlage gemäß Abs. 5.
Für Einkaufszentren ist zudem ein Nachnutzungskonzept gemäß Abs. 8 vorzulegen.
(11)
Die Bewilligung gemäß Abs. 10 ist - erforderlichenfalls unter Vorschreibung von Auflagen oder Bedingungen - mit Bescheid zu erteilen, wenn
1.
die für die Errichtung vorgesehenen Flächen für Einkaufszentren gemäß Abs. 2 Z 1 als Bauland-Geschäftsgebiet oder Bauland-Betriebsgebiet ausgewiesen sind und es sich um einen Standort im Sinne des Abs. 4 handelt,
2.
die für die Errichtung vorgesehenen Flächen für Einkaufszentren gemäß Abs. 2 Z 2 als Bauland-Geschäftsgebiet, Bauland-Betriebsgebiet, Bauland-Dorfgebiet oder Bauland-gemischtes Baugebiet ausgewiesen sind und es sich um einen Standort in Ortskernlage im Sinne des Abs. 5 handelt,
3.
eine geeignete Verkehrserschließung vorhanden ist und eine Überlastung der Verkehrsinfrastruktur vermieden wird,
4.
im Hinblick auf das vorgelegte Gestaltungskonzept eine grobe Störung des Orts- und Landschaftsbildes, sowie im Hinblick auf die Eingliederung in die Umgebung generell eine grobe Störung des Orts- und Landschaftsbildes nicht zu befürchten ist und die Kriterien gemäß Abs. 7 erfüllt werden,
5.
überörtliche Interessen der Energieversorgung nicht beeinträchtigt werden,
6.
sonstige Interessen der überörtlichen Raumplanung nicht beeinträchtigt werden,
7.
das beantragte Einkaufszentrum gemäß Abs. 2 Z 2
a)
in einem Ort liegt, der ein überregionales Zentrum mit einem Schwerpunktangebot an öffentlichen und privaten Dienst- und Versorgungsleistungen sowie Bildungs- und Kulturangeboten mit überörtlicher Reichweite bildet und die Verkaufsfläche für Lebensmittel und andere Waren des täglichen Bedarfes nicht mehr als 1 300 m² beträgt,
b)
in einem Ort liegt, der ein regionales Zentrum mit einem Schwerpunktangebot an öffentlichen und privaten Dienst- und Versorgungsleistungen sowie Bildungs- und Kulturangeboten mit überörtlicher Reichweite bildet oder, der über überdurchschnittlich gute Standortvoraussetzungen und -potentiale für zukunftsorientierte und qualifizierte Betriebsansiedlungen, Betriebserweiterungen und Betriebsverlagerungen mit überregionaler Bedeutung verfügt und die Verkaufsfläche für Lebensmittel und andere Waren des täglichen Bedarfes nicht mehr als 1 100 m² beträgt,
c)
in einem Ort liegt, der ein kleinregionales Zentrum mit einem Schwerpunktangebot an öffentlichen und privaten Dienst- und Versorgungsleistungen sowie Bildungs- und Kulturangeboten mit überörtlicher Reichweite bildet oder Orten gemäß Abs. 4 Z 3 und die Verkaufsfläche für Lebensmittel und andere Waren des täglichen Bedarfes nicht mehr als 800 m² beträgt.
8.
beim beantragten Einkaufszentrum die Nachnutzung gemäß Abs. 8 sichergestellt ist.
(12)
Parteistellung im Bewilligungsverfahren haben die Burgenländische Landesumweltanwaltschaft gemäß § 3 des Gesetzes über die Burgenländische Landesumweltanwaltschaft - Bgld. L-UAG, LGBl. Nr. 78/2002, in der jeweils geltenden Fassung, und die Landesregierung. Die Landesregierung ist berechtigt, die Interessen der überörtlichen Raumordnung als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen, Rechtsmittel zu ergreifen und Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Davon wird eine allfällige Parteistellung der Landesregierung als Träger von Privatrechten nicht beeinträchtigt.
(13)
Im Bewilligungsverfahren ist der Standortgemeinde durch Übermittlung der Einreichunterlagen gemäß Abs. 9 Gelegenheit zu geben, binnen sechs Wochen Stellung zu nehmen. Die Wirtschaftskammer Burgenland und die Kammer für Arbeiter und Angestellte für das Burgenland sind gleichzeitig von der jeweiligen Einleitung eines Bewilligungsverfahrens in Kenntnis zu setzen.
(14)
Die Bewilligung erlischt, wenn
1.
das Bauvorhaben nicht binnen zwei Jahren nach Rechtskraft der Bewilligung begonnen wird oder
2.
das Vorhaben nicht innerhalb von fünf Jahren nach Beginn der Durchführung fertiggestellt wird.
Eine Fristverlängerung kann in begründeten Fällen gewährt werden. Wird gegen die Bewilligung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof erhoben, ist der Fristenlauf bis zur Entscheidung darüber unterbrochen.